Welches Rumpfmaterial für die Yacht?

Für welches Rumpfmaterial soll man sich beim Kauf einer Yacht entscheiden? Ein ideales Bootsbaumaterial gibt es nicht, alle haben Vor- und Nachteile. Hier zeigen wir die Vorzüge und Schwächen von GFK, Stahl und Aluminium als Rumpfmaterial im Yachtbau auf.

Boote aus GFK

Vorteile von GFK-Yachten

Verfügbar

Beginnen wir mit dem häufigsten aller Bootstypen, dem GFK-Boot. Und da wären wir gleich schon beim ersten großen Vorteil: Die Verfügbarkeit. GFK-Yachten sind sowohl auf dem Neuboot- wie auch auf dem Gebrauchtbootmarkt am häufigsten anzutreffen. Die Auswahl an GFK-Yachten, ob neu oder gebraucht, ob fürs Mittelmeer oder für eine Weltumsegelung, ist groß.

Viele GFK-Yachten
GFK Yachten machen den Großteil der Yachten aus

Pflegeleicht

GFK steht für glasfaserverstärkter Kunststoff – salopp gesagt also Plastik. GFK als Rumpfmaterial bedeutet Pflegeleichtigkeit! Boote aus GFK sind die pflegeleichtesten aller Boote. Ihr Gelcoat möchte mit Wasser und Seife gereinigt werden, ab und gibt es etwas Wachs und noch seltener eine Politur. Nach circa 20 bis 40 Jahren, je nach Dicke des Gelcoats und Polierfreudigkeit der Eigner, ist das Gelcoat durchpoliert und der Rumpf und das Deck müssen lackiert werden.

20 Jahre alte GFK-Yacht

Das Gelcoat ist pflegeleicht und kaum gealtert

Leicht zu reparieren

Reparaturen an Yachten aus GFK sind sehr einfach in Eigenregie durchzuführen. Kein Schweißgerät nötig, nur etwas Harz, Matten und Schleifmittel.

Nachteile von GFK-Yachten

Osmose

Akute Osmose

Das Boot befindet sich mitten in der Sanierung

Die meisten Yachten wurden und werden aus Polyesterlaminat gefertigt, was nicht wasserbeständig ist, dafür aber günstig. Das Gelcoat, das eine Schutzbarriere zwischen Wasser und Laminat bilden soll, ist zwar wasserbeständiger, weil dichter, jedoch nicht vollständig wasserundurchlässig. Mit der Zeit diffundiert Feuchtigkeit also in das Laminat und führt dort über die Jahre hinweg zu Zerstörung – im akuten Stadium in Form von Blasen am Rumpf zu erkennen. Geben die Blasen beim Drücken mit einem Schraubenzieher nach und tritt eine nach Essig riechende Flüssigkeit aus, dann hat man es mit Osmose zu tun. In diesem Fall sollte, je nach Schwere, eine Osmosesanierung vorgenommen werden, um die Stabilität des Rumpfes zu erhalten beziehungsweise wiederherzustellen. Eine Sanierung beim Profi kostet etwa 1000 Euro pro Bootsmeter. Das ist nicht günstig, aber man kann nach einer Behandlung davon ausgehen, dass das Problem behoben ist und so schnell nicht wieder kommt.

Heutzutage werden einige Yachten aus Vinylesterharz gebaut; dies kann den Osmoseprozess deutlich verlangsamen. Ein Großteil aller Yachten hat außerdem einen Osmoseschutz aus Epoxidharz, der zwischen Gelcoat und Antifouling sitzt. Hiermit sollte Osmose keine Gefahr darstellen.

Vergleichsweise instabil

GFK ist im Vergleich zu Aluminium und Stahl weniger robust. Konkret kann GFK bei Kollision und Grundberührung brechen, während Aluminium und Stahl zerbeulen. Jedoch muss das relativiert werden: Bei Yachten, die vor den 2000er-Jahren gebaut wurden, war man noch nicht in der Lage, die minimal benötigte Materialstärke zu berechnen. Nach dem Motto «viel hilft viel» wurden damals sehr robuste GFK-Yachten gebaut, denen gewöhnliche Grundberührungen und Kollisionen mit Growler (Eisschollen) nichts anhaben können (Stichwort: Kielbolzen). Dementsprechend gibt es auch zahlreiche Beispiele von Seglern, die mit GFK-Schiffen die Nord-West-Passage fahren. Neuere GFK-Yachten mit dünnem Laminat sind für solche Trips nicht mehr geeignet, reichen jedoch für eine «normale» Weltumsegelung völlig aus.

Anders als Stahl und Alu kann GFK brechen und reißen

Boote aus Stahl

Vorteile von Stahlyachten

Sehr stabil

Wer besonderen Wert auf Sicherheit legt oder Reisen in extreme Gebiete plant, entscheidet sich vielleicht für eine Stahlyacht. Boote aus Stahl sind äußerst robust und verzeihen die ein oder andere Grundberührung. Statt wie GFK zu brechen, wird Stahl bei einer Grundberührung eher verbeulen. Durch ihr hohes Eigengewicht segeln Stahlyachten sehr gutmütig und verzeihen, ähnlich wie schwere alte GFK-Schiffe, ein zu spätes Reffen.

Achterkabine einer 35 ft Centercockpityacht mit eigenem Badezimmer
Verbeulter Stahl nach einer Grundberührung

Bei diesem Schiff trat trotz Stahlrumpf Wasser ein

Günstig

Im Verhältnis zu vergleichbaren Yachten aus GFK oder Aluminium sind Stahlyachten günstiger. Bei knappem Budget kann eine Stahlyacht also die sinnvolle Wahl sein, alleine schon weil man sie sich leisten kann. Fürs gleiche Geld bekommt man bei einer Stahlyacht häufiger ein paar Fuß mehr.

Nachteile von Stahlyachten

Galvanische Ströme

Nicht so ausgeprägt wie bei Aluminiumyachten, doch auch bei Stahlschiffen besteht das Risiko von galvanischer Korrosion. Durch Installationsfehler in der Elektrik kann es schnell zu Problemen kommen, da insbesondere Salzwasser ein fantastischer Leiter ist.

Langsam

Wie oben schon erwähnt, segeln Stahlyachten tendenziell sehr gutmütig. Man freut sich sicher, wenn man bei Schwerwetter ein Boot segelt, das viel mitmacht. Hat man aber den Anspruch, auch bei Leichtwind schnell vom Fleck zu kommen, ist eine Stahlyacht vermutlich die falsche Wahl. Wegen des hohen Gewichts braucht es mehr Wind, bis eine Stahlyacht anspringt.

Achterkabine einer 35 ft Centercockpityacht mit eigenem Badezimmer
So eine Stahlyacht bringt einen überall hin

Sehr robust, aber vermutlich auch langsam

Pflegeintensiv

Boote aus Stahl sind sehr pflegeintensiv. Auch Boote, die verzinkt sind (wobei das selten vorkommt), leiden unter Rostbildung. So sagen einige Stahlboot-Fahrtensegler: «Ich pinsel mich um die Welt». Ein gravierendes Problem ist vor allem die Rostbildung im Schiffsinneren, zwischen einer nicht korrekt angebrachten Dämmung und der Bordwand. Wenn dort Schwitzwasser entsteht, rostet das Boot von innen nach außen.

Achterkabine einer 35 ft Centercockpityacht mit eigenem Badezimmer
Punktuelle Rostbehandlung der Bilge einer Stahlyacht

Eine Stahlyacht muss man viel pflegen

Bedingt DIY-freundlich

GFK-Boote kann man mit Epoxy und Matten, die in jede Backskiste passen, leicht reparieren. Stahl zu schweißen ist an sich nicht schwierig, doch muss ein Schweißgerät mitgeführt werden, wenn man selbst schweißen möchte. Der Vorteil von Stahl gegenüber Aluminium ist jedoch grundsätzlich, dass es auf jeder noch so kleinen Insel jemanden geben wird, der schweißen kann und eine Anlage hat, wenn es auf der Insel Autos gibt. Der eigentliche Schweißprozess ist also nicht unbedingt ein Problem, wohl aber die Vorbereitungsarbeiten. Wer eine Stelle in der Bordwand schweißen möchte, muss zuerst die Dämmung um die Schweißstelle herum entfernen, die sich häufig hinter Möbeln im Innenraum befindet. Durchaus möglich, dass man für 10 Minuten schweißen 2 Tage lang das Schiff zerlegt.

Boote aus Alu

Vorteile von Aluminiumyachten

Robust

Aluminiumyachten gelten als sehr robust und sicher. Ähnlich wie Stahl verbeult Aluminium bei einer Kollision und reißt nur in absoluten Extremsituationen. Anders als Stahlyachten sind Aluminiumyachten jedoch nicht sonderlich schwer und springen daher bei wenig Wind besser an.

Relativ pflegeleicht

Aluminiumyachten haben also wünschenswerte Eigenschaften in puncto Sicherheit ähnlich wie Stahlyachten, jedoch nicht die gleichen Nachteile. Sie sind grundsätzlich pflegeleichter, weil Rost kein Problem ist. Boote aus Aluminium können unlackiert genutzt werden.

Achterkabine einer 35 ft Centercockpityacht mit eigenem Badezimmer
Eine Aluminiumyacht

Hier wurde das Alu roh gelassen und nicht lackiert

Nachteile von Aluminiumyachten

Elektrolyse & Korrosion

Alu rostet zwar nicht, jedoch ist Korrosion ein massives Problem bei Booten aus Aluminium. Aluminium ist einiges unedler als Stahl und viel unedler als Edelstahl. Das bedeutet Lochfraß zwischen Edelstahlklampe und Alu-Deck, wenn man nicht vernünftig zwischen den Metallen isoliert. Eine sauber installierte Elektrik ist auf Aluminiumbooten besonders wichtig! Sämtliche elektrische Geräte inklusive Motor dürfen nicht geerdet sein und das Batterie-Minus darf nur an einem einzigen Punkt mit dem Rumpf verbunden sein, damit keine Kriechströme entstehen. Auch die Landstrominstallation muss penibel gemacht sein und ein Polaritätswarner muss vorhanden sein, damit man Schäden am Boot rechtzeitig vermeiden kann. Auch dürfen kupferhaltige Antifoulings wie Coppercoat nicht auf Aluminium verwendet werden, da das Aluminium hierdurch zersetzt würde.

Achterkabine einer 35 ft Centercockpityacht mit eigenem Badezimmer
Aluyacht mit schwerer Korrosion

Wegen eines elektrischen Problems ist der gesamte Rumpf beschädigt

Teuer

Das Rumpfmaterial Alu hat ein weiteres Manko, nämlich den Preis. Aluminiumyachten sind vergleichsweise teuer in der Anschaffung. Bei gleicher Ausstattung und gleicher Bootsgröße wird die Stahlyacht vermutlich die günstigste sein, gefolgt von GFK und zum Schluss Alu.

Selten

Auf dem Gebrauchtbootmarkt sind Boote aus Alu eine Besonderheit. Hat man sich auf Aluminium als Bootsbaumaterial eingeschossen, wird man etwas Geduld mitbringen müssen, einfach weil es Aluminiumboote seltener gibt als GFK- und Stahlboote.

Nicht DIY-freundlich

Stahl schweißen kriegt man passabel hin, auch ohne viel Erfahrung. Aluminium schweißen ist schwieriger und erfordert Routine. Außerdem benötigt man eine spezielle Schweißanlage, die man vielleicht nicht mehr auf jedem Inselatoll findet. Wie bei Stahlbooten gilt auch hier, dass vor einem Schweissprojekt eventuell langwierige Vorarbeiten mit Entfernung der Isolation passieren müssen.

Schwer zu lackieren

Wer den Look von rohem Aluminium nicht mag, wird es auf Dauer schwer haben. Lack hält auf Aluminium nicht gut und blüht oft schon nach kurzer Zeit auf; auch bei professionellen Lackierungen.

GFK, Stahl oder Alu?

Nur am Rande: Yachten aus Holz, Ferro-Zement und Edelstahl werden in diesem Artikel nicht behandelt, da wir von diesen Materialien, insbesondere für eine Blauwasserreise aber auch allgemein, grundsätzlich abraten, da die Nachteile überwiegen.

Die Frage nach dem «richtigen» Rumpfmaterial kann nicht pauschal beantwortet werden. Alle Materialien haben Vorzüge. Es kommt auf den Einsatzzweck und die eigenen Präferenzen an. Ihr seid euch unsicher, welches Rumpfmaterial für euch das richtige ist? Finden wir es gemeinsam heraus.