Kaufe ich ein gebrauchtes Boot oder ein neues Boot? Sowohl Gebrauchtboote als auch Neuboote haben Vor- und Nachteile. Ich liste hier auf, was für ein Gebrauchtboot und was für ein Neuboot spricht.
Preis
Neuboote sind bei gleicher Bauqualität, Bootsgröße und Ausrüstung teurer als Gebrauchtboote. Bei einem fixen Budget kann es sich demnach lohnen, ein Gebrauchtboot zu kaufen, da man so ein hochwertigeres, besser ausgestattetes oder größeres Boot fürs gleiche Geld bekommt. Mehr Boot fürs Geld also.
Wertverlust
Man kennt es von Autos: Der Wertverlust ist in den ersten paar Jahren besonders hoch und nimmt dann sukzessive ab. Ein Jahreswagen gibt einem ein Auto, das so gut wie neu ist, aber zu einem weitaus geringeren Preis. Bei Yachten ist das ähnlich. Auch bei Yachten ist der Wertverlust in den ersten Jahren enorm; der Preiszerfall verläuft dabei exponentiell. Was bedeuten kann: Kaufe ich ein 35 Jahre altes Gebrauchtboot und verkaufe es 10 Jahre später wieder, erziele ich vielleicht sogar den gleichen Preis.
Bauqualität
Die Bauqualität, insbesondere bei großen Werften, hat größtenteils nachgelassen in den vergangenen zwei Jahrzehnten, sodass es heute viele neue Yachten gibt, die äußerst billig gebaut sind und nur noch wenige Werften, die nach wie vor hochwertige Yachten bauen. Wem Qualität wichtig ist, der ist vermutlich besser beraten, eine ältere Yacht zu kaufen. Da dies auf dem Gebrauchtbootmarkt durchaus bekannt sind, sind hochwertige, alte Yachten leider zum Teil teurer als neue Yachten gleicher Größe.
Beim Bau wird gespart
Diese 5 Jahre alte Yacht einer Großserienwerft sieht älter aus, als sie ist.
Kinderkrankheiten
Neuboote bringen leider meist eine lange Liste an Kinderkrankheiten mit sich. Anders als bei Autos, die in riesigen Stückzahlen am Fließband gefertigt werden, gibt es bei Werften selten ein gutes Qualitätsmanagement. Die Streuung der Qualität bei Auslieferung der Neuboote ist daher groß. Ich habe bereits viele Kunden beim Kauf von neuen Yachten begleitet und musste feststellen: Egal, wie renommiert die Werft, egal, wie teuer das Boot, es gibt immer Mängel. Undichte Luken, Wasser im Saildriveöl, streikender Autopilot, schlecht geklebtes Teakdeck – nur ein paar Beispiele von Mängeln, mit denen sich Eigner einer neuen Yacht vielleicht rumärgern müssen. Die Werften sind verpflichtet, solche Mängel auf Garantie zu beseitigen. Doch in vielen Fällen passiert das erst, wenn man sich einen Anwalt nimmt. Und wenn die Werft schlussendlich der Mängelbehebung zustimmt, oft muss man dafür das Boot wieder zur Werft zurücksegeln. Einer Reparatur durch einen fremden Betrieb dort, wo man selbst das Boot nutzen möchte, wird oft nicht akzeptiert.
Bei Gebrauchtbooten sind die Kinderkrankheiten bereits behoben. Je älter das Boot, desto wahrscheinlicher, dass es andere Mängel gibt. Ein Gutachter sollte das Boot vor dem Kauf prüfen.
Wartezeiten und Lieferfristen
Die Wartelisten bei Werften sind häufig lang und es kann schon drei Jahre dauern, bis man sein bestelltes Boot tatsächlich abholen kann. Gebrauchtboote gibt es regelmäßig und viele auf dem Markt und manchmal besteht sogar die Möglichkeit, den Liegeplatz gleich mit zu übernehmen und nicht auf die leidige Suche gehen zu müssen. Wobei man Geduld mitbringen muss, wenn man einen ganz bestimmten Bootstyp sucht, der nur selten gebaut wurde, oder bei einem häufig gebauten Bootstyp ein bestimmtes Layout haben möchte.
Flexibilität
Wer ein Boot selbst mitgestalten möchte, sich aus den angebotenen Optionen seine Lieblinge heraussuchen möchte und beim Layout ganz bestimmte Vorstellungen hat, wird an einem Neubau vermutlich nicht vorbeikommen. Hier hat man die Möglichkeit, von der Holz- und Polsterwahl bis zur Segelgarderobe vieles mitzubestimmen. Großserienwerften erlauben normalerweise die Wahl zwischen einer Handvoll Layouts, zwei oder drei Holzarten, vier Polsterstoffen und so weiter. Kleinere Werften bieten manchmal auch semi-custom-Lösungen an, wo einzelne Elemente auf Wunsch hin selbst gestaltet werden können. Wer ganz besondere Wünsche hat, lässt sich am besten einen Einzelbau anfertigen, um sich nicht einschränken zu müssen aufgrund von vordefinierten Designs.
Gebrauchte Yachten sind vom Layout und Design her so, wie sie sind. Klar, neue Polster, ein neues Teakdeck, sogar die Folierung des Holzes im Innenraum für einen neuen Look stellen kein Problem dar. Doch wird man aus einer Gebrauchtyacht mit klassischem Layout mit Salon in der Schiffsmitte kein Schiff machen, bei dem der Salon im Vorschiff ist und die Pantry und Eignerkabine mitschiffs. Das Layout, das Raumgefühl und die Form des Unterwasserschiffs sind Dinge, die man als gegeben ansehen sollte.
Ein besonderes Layout wie dieses findet man nicht alle Tage.
Der Salon dieser Yacht befindet sich im Vorschiff.
Betriebs- und Folgekosten
Jede Yacht, ob alt oder neu, benötigt einen Liegeplatz, muss regelmäßig gekrant werden, bekommt jedes Jahr einen neuen Unterwasseranstrich und einen Ölwechsel (hoffentlich!). All das kostet Geld, und zwar gleich viel, egal, ob das Boot gebraucht oder neu ist.
Hinzu kommen noch außerplanmäßige Reparaturen. Bei Gebrauchtyachten muss man davon ausgehen, dass mehr Reparaturen anstehen als bei Neubooten. Diese gehen einher mit finanziellen Kosten und/oder Arbeitszeit. Bei älteren Booten muss vielleicht mal ein neuer Segelsatz her, ein neuer Motor, oder ein kompletter Neuaufbau des Unterwasserschiffs. Hilfreich kann es sein, wenn die Werft noch existiert und über sie spezielle Ersatzteile bezogen werden können. Oder wenn es eine Eignervereinigung gibt mit Internetforen, wo man sich über die korrekte Pflege der Yacht mit «Leidensgenossen» austauschen kann. Dafür haben Gebrauchtyachten oft den Vorteil, dass sie gut ausgestattet sind und man in Sachen Ausrüstung nicht mehr viel investieren muss.
Gebrauchte Yachten haben oft viel Ausrüstung
Ob Geräteträger, Windsteueranlage, Handfunkgerät oder Rettungsinsel, Gebrauchtboote haben oft viel Zubehör.
