Centercockpit oder Achtercockpit?

Centercockpit oder Achtercockpit? Diese Gretchenfrage wird an den Stegen in Häfen weltweit energisch diskutiert. Wir erklären die Vor- und Nachteile von Centercockpityachten und Achtercockpityachten.

Was ist ein Achtercockpit und was ist ein Centercockpit?

Ein Achtercockpit ist, wie der Name vermuten lässt, ein Cockpit, das sich achtern, also hinten bei einer Yacht befindet.

Ein Centercockpit, oft auch Mittelcockpit genannt, befindet sich hingegen weiter vorne, Richtung Schiffsmitte. Während das Achtercockpit nah am Heck endet, befindet sich achtern vom Centercockpit ein Achterdeck, das mehrere Meter lang sein kann.

Centercockpit auf einer Moody 38Typisches Achtercockpit

Darum wollen viele für eine Weltumsegelung ein Centercockpit – aber nicht alle!

Seebewegungen

Beim Mittelcockpit sitzt man nicht am hinteren Ende der Yacht, sondern näher in der Mitte des Schiffs. Wenn das Schiff sich in der Welle bewegt, kann man sich gut vorstellen, dass die Enden der Yacht, also der Bug und das Heck, größere Bewegungen machen als die Mitte der Yacht. Der Grund, warum man auf See nicht gern im Bug schläft und analog auch im Cockpit achtern unruhiger sitzt. Wenn man unter Seekrankheit leidet, kann ein Centercockpit hier Abhilfe schaffen, da man näher an der Drehachse der Yacht sitzt und somit das Gleichgewichtsorgan weniger Strecke beim Auf und Ab zurücklegt. Jedoch sitzt man beim Centercockpit oft höher als bei einem achterlichen Cockpit, was wiederum mehr Bewegung bedeutet. Es gibt aber auch Centercockpityachten, bei denen das Cockpit sehr tief ist und die Bewegungen daher weniger ausgeprägt. Welche Cockpitform nun wirklich besser bei Seekrankheit ist, hängt vom individuellen Riss ab und nicht zuletzt spielt auch die Form des Unterwasserschiffs eine große Rolle.

Gut geschützes Cockpit
Tiefes Centercockpit

Ein sehr tiefes Centercockpit, bei dem die Seebewegungen bei Schwerwetter sehr angenehm sind. Die Kielform (Langkieler) hilft natürlich auch!

Sicherheitsgefühl

Viele Seglerinnen und Segler fühlen sich in einem Centercockpit sicherer. Man ist weiter weg vom Wasser als in einem Heckcockpit, was vielen ein besseres Sicherheitsgefühl vermittelt – auch wenn dieser Effekt vielleicht rein psychologisch ist. Doch auch objektiv gesehen hat man mehr Sicherheit in einem Mittelcockpit: Wellen können nicht so leicht hinten einsteigen und das Cockpit fluten. Auch überkommende Wellen von vorne treffen ein Achtercockpit oft mit voller Wucht, während man bei gleichen Bedingungen im Centercockpit häufig trocken bleibt, obwohl das ganze Deck geflutet wird.

Wenig Freibord
Achtercockpityacht nah am Wasser

Bei dieser Achtercockpityacht sitzt man fast jollenmäßig sehr nah am Wasser und dürfte auch öfter mal nass werden.

Bei den Anlegemanövern trauen sich ängstlichere Segler bei einem Centercockpit eher ans Ruder, da ihnen Mittelcockpityachten kleiner vorkommen. Steht man bei einem 15-Meter-Boot im Achtercockpit am Ruder, hat man eben 14,50 Meter vor sich; im Centercockpit vielleicht nur 10 Meter. Doch der Nachteil: Die Steuerfrau kann von ihrer Position aus die Heckklampen nicht erreichen, ohne das Cockpit zu verlassen – bei großer Crew kein Problem, doch mit kleiner Crew können die Anlegemanöver stressiger werden, weil der Rudergänger zwei örtlich voneinander abweichende Aufgaben erfüllen muss.

Raumausnutzung

Der Platz hinter dem Mittelcockpit kann, besonders auf Langfahrt, ein guter Ort sein, um Beiboot, Kanister und Co. zu lagern – zwar nicht hübsch anzusehen, aber sehr praktisch. Auf einer Achtercockpityacht vielleicht auch gar nicht notwenig, da hier die Backskisten größer sind – auf Kosten der Heckkabinen, versteht sich.

Stichwort Heckkabine. Im Innenraum punktet das Centercockpit durch ein tolles Feature, was bei einem Achtercockpit nur selten erreicht wird: Eine geräumige Achterkabine. Bobby Schenk meint zwar, dass ein Mittelcockpit erst ab 12 Metern Sinn macht, weil die Aufteilung sonst zu sehr leide. Doch auch auf Booten unter 12 Metern können mit einem Centercockpit schon Achterkabinen mit voller Stehhöhe, eigenem En-Suite-Bad und freistehendem Doppelbett geschaffen werden. Wer an Bord lebt, wird das enorm schätzen. Bei älteren und kleineren Centercockpityachten ist es jedoch manchmal der Fall, dass man keinen – oder einen gebückten – Durchgang vom Salon in die Heckkabine hat. Bei den ganz frühen Modellen aus den 70er-Jahren gibt es manchmal einen eigenen Niedergang aus dem Cockpit.

Achterkabine einer 35 ft Centercockpityacht mit eigenem Badezimmer
Achterkabine einer 35 ft Centercockpityacht mit eigenem Badezimmer

Eine tolle Achterkabine bei einem Achtercockpit zu bauen, gelingt den wenigsten Werften. Meist fühlen sich die Heckkabinen eher an wie eine Diagnose im MRT-Scanner. Auf vielen Achtercockpit-Yachten ist die Eignerkabine die V-Koje im Vorschiff. Hier schläft man auf See gar nicht, und auch vor Anker kann es laut und ungemütlich sein, wenn das Boot tanzt und die Kette ruckt.

Kleine Achterkabine auf Etap 34Große Achterkabine auf kleiner Yacht

In welcher dieser Kabinen würdest du lieber übernachten?

Es gibt jedoch sporadisch Achtercockpit-Yachten mit einem sogenannten Pullman-Berth als Eignerkabine – hier schläft man in der Nähe des Mastes sehr ruhig, jedoch muss meist der eine über den anderen drübersteigen. Zu sehen in diesem Video:

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Natürlich gibt es auch Nachteile, denn sonst wären ja alle Yachten Mittelcockpityachten. Centercockpits sind oft kleiner, vor allem kürzer, als Achtercockpits. Nicht selten gibt es Mittelcockpits bei 14-Meter-Booten, in denen man sich auch als durchschnittlich großer Mensch nicht lang hinlegen kann. Zu sechst oder acht in einem Centercockpit essen, dürfte eine Herausforderung sein. Obwohl ein Centercockpit in der Regel kleiner ist, hat es auch den Vorteil, dass die Großschot oft achtern vom Cockpit auf einem Traveller gefahren wird. Kein nerviger Traveller mitten im Cockpit, keine Schot am Steuerstand oder auf dem Cockpitboden.

Traveller im RückenTraveller im Achtercockpit

Die Traveller sind hier sehr unterschiedlich angeordnet.

Achtercockpits sind oft sehr groß und geräumig. Gerade bei modernen Yachten, wo die breiteste Stelle nicht mehr mittschiffs ist sondern am Heck, werden Heckcockpits äußerst breit und haben daher oft 2 Steuerstände. Hier ist viel Platz für Cocktailparties mit Besuch. Viel Platz im breiten Cockpit ist im Mittelmeer ein Vorteil, doch auf offenem Ozean vielleicht auch zu breit und zu viel Platz. Wenn man sich nicht einkeilen kann, um mit beiden Händen das Boot zu bedienen, wird ein großes Cockpit zum Sicherheitsrisiko, besonders für kleinere Menschen.

Im breiten Cockpit bewegen - manchmal ein Sicherheitsrisiko
Bewegen in einem zu breiten Cockpit kann ein Sicherheitsrisiko sein

Dadurch, dass man im Centercockpit meist höher sitzt, ist auch der Niedergang in den kleineren Salon steiler. Der Salon ist deshalb kleiner, weil der Niedergang beim Centercockpit weiter vorn liegt. Irgendwo muss der Platz ja herkommen. Beim Achtercockpit ist der Salon meist größer als bei einer Centercockpityacht, weil der Niedergang weiter achtern liegt. Das Raumgefühl, wenn man unter Deck geht, ist zumindest im Salon besser.

Der Salon einer Yacht mit Achtercockpit ist größerCentercockpityachten haben einen kleinen Salon

Der Salon der 44er Centercockpityacht kommt einem ähnlich groß vor wie der der 40er Achtercockpityacht

Der Preis der gigantischen Achterkabine bei der Mittelcockpityacht findet sich nicht nur im Salon, sondern auch im Cockpit und vor allem in den Backskisten: Die Backskisten einer Mittelcockpityacht fallen oft sehr klein aus, damit es einen guten Durchgang unter Deck zur Achterkabine geben kann.

Backskisten sind bei Centercockpits kleiner
Mittelcockpityachten haben oft nur sehr kleine Backskisten

Diejenigen, die vom Jollensegeln kommen, werden bei Centercockpityachten vielleicht die Pinne vermissen – die allermeisten Mittelcockpitboote haben ein Steuerrad. Doch mal ehrlich, Boote ab 11 Meter haben sowieso meist eine Radsteuerung, egal welche Cockpitform.

Menschen, die im Hafen lieber ihre Ruhe haben, werden beim römisch-katholischen Anlegen ihre Freude am Mittelcockpit haben, da man hier nicht «auf dem Steg» wohnt sondern ein paar Meter weg. Schnackt man jedoch gern mit vorbeilaufenden Seglern, wird man vermutlich weniger oft angesprochen, weil die Distanz größer ist.

Verfügbarkeit

Ein großer Vorteil von Achtercockpityachten: Sie sind viel häufiger anzutreffen als Centercockpityacht und sind somit auf den Neu- und Gebrauchtbootmarkt leichter zu bekommen. Eine ideale Mittelcockpityacht zu einem guten Preis zu finden, kann dauern.

Welche Cockpitform ist besser?

Fakt ist: Schiffe mit Mittelcockpit und Achtercockpit haben gleichermaßen die Weltmeere erfolgreich «bezwungen». Der eigene Geschmack und die eigenen Präferenzen bestimmen schlußendlich, ob man sich für ein Centercockpit oder ein Achtercockpit entscheidet.
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